Freitag, 21. Januar 2011

Zärtliche Berührungen außerhalb der Schule

Tom erzählte uns zu Beginn des Jahres von seinen Weihnachtsferien. Er war Ski laufen und traf dabei auf unsere Lateinlehrerin.
„Hallo Frau Lange!“
Sie dreht sich erschrocken um.
„Nimm mal deine Brille ab.“ – „Ach, Hallo Tom!“, sagt sie fröhlich und schlägt ihm freundschaftlich mit der Faust gegen seine rechte Schulter.

„Das hat voll wehgetan!“, erzählt er uns in Englisch.
Unsere Englischlehrerin kriegt sich kaum noch ein vor Lachen. Aber sie erklärt uns Frau Langes Reaktion: „In der Schule darf sie das nicht. – Sie hat nur ihre Chance genutzt!“
Logisch. =)

Am nächsten Tag hat sich seine Version der Geschichte auch bis zu ihr herumgesprochen. In der Pause kommt sie aufgebracht zu uns ins Zimmer. „Tom, wenn du noch mal solche Lügen erzählst, dann hau ich dich, aber richtig!!“
„Aber das hat wirklich weh getan, Frau Lange!“
„Ich wusste gar nicht, dass du so sensibel bist! Du hattest ja auch noch eine dicke Jacke an…also Mädels, ihr habt’s gehört, ihr müsst Tom immer mit Samthandschuhen anfassen!“

In der nächsten Lateinstunde…
„Tom, du kommst zu spät!! Aber du hast ja noch was gut bei mir…Ich fasse dich nie wieder an… oder ich breche dir den Arm….
Tim, du bist auch zu spät, für dich gibt’s keine Entschuldigung! Du bekommst haue!“
Tim stellt sich provokant vor ihr hin: „Na los!“
Frau Lange sieht ihn scharf an: „Los, setz dich hin! Also bitte! Ich haue dich erst, wenn du nicht damit rechnest!!“
Ich wische mir die Lachtränen aus den Augen.
Ich mag diese Situationskomik. Es ist wirklich total witzig.
Und unterhaltsamer als jede Doku-Soap im Fernsehen.
In der Schule wird’s einfach nie langweilig. :-)
teacher - 22. Jan, 12:35

Du erzählst das interessant. Ich habe bis zum Schluss nicht gewusst, ob das jetzt witzig ist oder ob es die Grenze der Schüler überschreitet.
Ich greife keine Schüler an, nie. Ich bin ein Mann und als solcher gefährdet, schnell in Verruf zu kommen. Darf eine Lehrerin mehr?

Konkret: Stell dir vor, ich würde dir auf die Schuler klopfen oder über die Haare fahren. Was wären deine Gedanken? Deine Reaktion? Und wie siehst du das, wenn das eine Lehrerin mit einem Burschen macht?

Susi-q (Gast) - 22. Jan, 14:54

Wir haben alle darüber gelacht. Vor allem unsere Englischlehrerin - sie hat mindestens 10 Minuten gebraucht um wieder ernst zu sein. Herrlich. Auch wie Tom es erzählt hat, es war einfach total witzig. Obwohl ich schon erstaunt war, dass er sooo sensibel ist.
Nur Frau Lange schien für ich anfangs wirklich aufgebracht zu sein. Ich kenne sie nicht besonders gut, aber so wie ich sie jetzt einschätze, scheint diese Reaktion ihre Art von Humor zu sein...sie ist eigentlich auch sehr locker, gibt sich aber nach außen sehr streng und ernst. Eigentlich schade, sie hat ein wahnsinnig liebes und schönes lächeln. Aber ich denke, sie konnte darüber auch lachen.

Aber es ist eben die Frage wo die Grenze ist.
Die Englischlehrerin hat mir gestern im Unterricht auch mit der Hand an meine Schulter gestupst...mir hat das nichts ausgemacht. (und mir hat das auch nicht weh getan ^.^)
(Sie erzählte uns, dass Amerikaner sich nicht anfassen. Außer vielleicht Familienmitglieder oder wirklich gute Freunde, aber davon abgesehen mögen sie keine Berührungen mit anderen Menschen und schon so ein "Stupser" wäre unangebracht.
Und das wir in Deutschland da lockerer sind. Ich sagte dann, bei Tom kann sie das aber auch nicht machen, das würde bei ihm schon fast an Körperverletzung grenzen. =P Da fing sie wieder an zu lachen.)
Aber der Stupser war ja auch von Frau zu Frau.
Wenn wir Experimente in der Schule durchführen, berühren sich manchmal meine Hände mit denen meines Chemielehrers...das stört mich aber auch überhaupt nicht. Passiert eben. Aber es kommt sehr selten vor, dass Lehrer Schüler anfassen.

Wenn du (oder ein anderer männlicher Lehrer) mir über die Haare streichen würdest, würde ich das schon merkwürdig finden. Ich würde mich wahrscheinlich auch unwohl fühlen. Aber ich denke, ich würde dasselbe empfinden, wenn eine Lehrerin das bei mir machen würde.
Auf die Schulter klopfen finde ich schon ok. Da würde ich mich jetzt nicht angegriffen fühlen oder so.
Außer bei Lehrer/innen mit denen ich menschlich nicht klar komme. Da möchte ich nicht auch noch angefasst werden. Bei allen anderen wäre es für mich in Ordnung.
Für mich würde es keinen Unterschied machen, ob ein Lehrer eine Schülerin oder eine Lehrerin einen Schüler auf die Schulter klopft.
Wie siehst du das? Sind dir bei solchen Dingen wesentliche Unterschiede aufgefallen?

Hast du auch schon mal Schüler in den Ferien oder im Urlaub getroffen? Und wenn ja, welche Erfahrungen hast du gemacht?
teacher - 26. Jan, 10:38

Urlaub?

Also angreifen, das geht gar nicht, da herrscht ein absolutes Tabu bei uns (Männern). Frauen tun sich hier eindeutig leichter.

Schüler im Urlaub? Ich überlege gleich, ob ich da einen Artikel dazu auf teacher.twoday. net posten kann :-))
Allgemein: Es ist uns eher unangenehm. Im Urlaub will man sich ja gehen lassen, kurze Hosen, Flirt an der Bar, Abhängen bis zum Morgengrauen, Kitsch kaufen ... da will man nicht von seinen SchülerInnen beobachten werden. Und die sehen das so ähnlich, oder?
Ich habe jedenfalls schon mehrere Erfahrungen damit gemacht. Meistens endet das so, dass in der Klasse dann herumgetratscht wird, was ich so in der Freizeit anstelle. Und ich bin halt auch kein 100 %-Engel ohne jegliches Laster.
Susi-q (Gast) - 26. Jan, 18:30

Das kannst du gerne machen. =)
Aber du kannst ja auch mal einen Artikel hier veröffentlichen.
Würde mich freuen.
Angel (Gast) - 22. Jan, 20:08

Die Geste zählt....

Da ich selber Zuschauer in dieser Lateinstunde, kann ich die Lachtränen bloß bestätigen.
Aber wenn man selber darüber denkt ist wirklich ein schwieriges Thema.
Es kam unter anderem schon vor unsere Englischlehrerin auch mir schon die Hand auf die Schulter gelegt hat oder unser Geschichtslehrer hat mich schon angestubst, wenn ich gemeint war oder er mich in irgendeine Beispielssituation einbezogen hat.
Aber mir selbst ist aufgefallen, dass die Berührungen von Lehrerinnen einen weniger auffallen bzw. stören als die von Lehrern.
Ich selber habe nicht dagegen wenn ein Lehrer mich an der Schulter oder am Arm berührt -vorausgesagt ich mag diesen Lehrer-, aber ein Verwuscheln der Haare gäng dann doch ein wenig zuweit.

Susi-q (Gast) - 22. Jan, 21:24

Du, Angel, schätze ich Frau Lange eigentlich so richtig ein?
Denkst du, sie fande die Situation auch witzig (mit Tom) und hat sich nur ernst gegeben? Oder hat sie sich doch darüber geärgert?
Angel (Gast) - 24. Jan, 17:06

Also, Susi-q, da ich Frau Lange nun schon zweieinhalb Jahre kenne - und diesem Zeitraum schon viele Drohungen von ihr vernommen habe- kann ich dir versichern, dass das nicht ernst gemeint war.
Sie will halt strenger werden! *gg*
Ach sie ist einfach klasse! Die beste Lateinlehrerin überhaupt.

teacher - 28. Jan, 20:26

Soll ich?

Bei der Gangaufsicht muss ich nach dem Läuten die Kinder in ihre Klassen scheuchen. Viele lieben es, auf dem Gang am Boden sitzen zu bleiben.
Das letzte Mädchen (ca. 14) schaut mich großen dunklen Augen von unten an. Dann streckt sie mir beide Hände entgegen und lächelt mich an. Ich überlege kurz, packe zu, ziehe sie hoch und sie geht wie eine frisch gerettete Dame in die Klasse. Heute hat sie mir von weitem zugewinkt.
Nächsten Mal frage ich sie: "Flirten wir wieder?". Soll ich?

Susi-q - 28. Jan, 22:07

Es ist irgendwie süß. Und harmlos.
Also warum nicht? Und wenn sie dann so fröhlich "wie eine frisch gerettete Dame" in die Klasse geht, ist das doch schön.

Ich habe auch mit meinem Geschichtslehrer geflirtet. Aber aus Versehen. Wirklich! Meine Kontaktlinse war verrutscht und ich musste zwinkern. In dem Moment habe ich ihn aber gerade etwas gefragt. Am Ende meiner Frage blinzel ich ihn also mehrmals an - eigentlich wegen meiner Linse. Er steht 2 Sekunden völlig verwirrt da und zwinkert dann zurück. Ich musste lachen. Da hat er mich missverstanden. =)
Aber seitdem ist er deutlich netter zu mir, lächelt mich oft an und grüßt mich auf dem Gang. Das hat er vorher nicht gemacht. Und er lächelt mir sogar zu wenn er Schlagzeug spielt, obwohl er meinte, er kann nicht spielen UND gleichzeitig lächeln. Da ist er wohl überfordert als Mann.
Ich hatte anfangs übrigens Probleme mit ihm klar zu kommen, weil er auch sehr distanziert ist, aber mittlerweile habe ich einen Zugang zu ihm als Mensch gefunden und komme richtig gut mit ihm aus. Das merke ich auch im Unterricht und bei meinen Noten.
teacher - 30. Jan, 10:26

Ja, es ist wirklich süß ... und harmlos, weil ich das Mädchen gar nicht im Unterricht habe, also selten sehe und gar nicht bevorzugen könnte oder sowas.

Trotzdem muss ich sehr aufpassen, weil das alles schnell missverstanden werden kann.

Sag, wenn du jetzt eine persönlichere Beziehung zu deinem Geschichtelehrer hast, strengst du dich dann mehr an, um ihn auch fachlich nicht zu enttäuschen? Oder ist das Wurscht?

Ich suche nämlich zu SchülerInnen so persönliche Brücken (die können sehr unterschiedlich sein, z.B. beim Sport oder Musik oder so), weil ich dann hoffe, dass sie auch "ein bissi für mich lernen", wenn sie schon das Fach nicht interssiert.
Susi-q - 1. Feb, 21:01

Die Frage ist schwer zu beantworten. Ich versuche wirklich für mich selbst zu lernen, unabhängig vom Lehrer. Aber ich würde schon sagen, dass sich die persönliche Beziehung zwischen Lehrer und Schüler auf die Art und Weise des Lernens auswirkt.
In Französisch lerne ich deutlich weniger als die letzten beiden Jahre, da ich seit diesem Schuljahr eine andere Lehrerin habe. Aber immerhin lerne ich noch, meine Mitschüler verweigern die Arbeit bzw machen alles nur sehr halbherzig, weil sie den Unterricht als sinnlos empfinden. Sehe ich teilweise auch so, aber ich mag die Sprache und will sie gern lernen, also versuche ich es mir teilweise selbst bei zu bringen und lerne zumindest halbwegs die Vokabeln. Aber mir fehlt die Motivation. Die Lehrerin ist einfach unfähig und demotivierend. Darüber könnte ich fast einen Beitrag schreiben. Jedenfalls glaube ich, dass solche persönlichen Brücken bestimmt helfen. Schaden kanns auf jeden Fall nicht.
Ich kann gerade ganz schlecht einschätzen wie meine Mitarbeit/ Unterrichtsvorbereitung sich in den letzten zwei Jahren in Geschichte verändert hat. Aber ich bin sicherlich aufmerksamer und motivierter für sein Fach zu lernen.

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