Wiedersehen mit Herr Schussel
Der Titel sagt doch eigentlich schon alles, oder? ^^
Aber von vorn:
Am Mittwoch war ich in der 1. Stunde wieder in der 5. Klasse.
Sie hatten ihre erste Stunde bilingual Sport.
Die Lehrerin fing mit einfach Aufforderungen und Spielen an. Zum Beispiel: Throw the ball! Run to the blue line! Make a circle! Etc.
Den Kindern hat es super viel Spaß gemacht. Ich bin auch richtig begeistert.
Wenn ich nicht so unsportlich wäre, würde ich das auch gerne mit den Kindern machen.
Nach Ende der Stunde ging ich wieder ins Lehrerzimmer… und direkt zur nächsten Stunde mit Frau E. in die 10. Klasse. Mit der 10. hat sich meine ehemalige Chemielehrerin 2 Tage zuvor ja sehr schwer getan.
Mit der Englischlehrerin war es komplett anderer Unterricht. Die Schüler waren konzentriert und haben ruhig gearbeitet.
Nach der Stunde musste ich natürlich fragen, wie sie das macht.
„Frau E., sind die bei Ihnen immer so….lieb?“
„Ja. Bei der Klasse ist das Problem, dass es ihnen schwerfällt, sich lange zu konzentrieren. Deswegen mache ich viele kleine Übungen und Dinge, bei denen sie sich mal unterhalten können. Und dann können sie auch wieder ruhig arbeiten.“
Das habe ich auch beobachtet. Abwechslungsreicher Unterricht – so einfach und so effizient.
„…Also meinst du, ich kann noch eine Weile Lehrerin bleiben?“
Ich: „Auf jeden Fall!“
„Hach, schön!“
Nach der 6. Stunde fuhr ich zu meiner alten Schule, eigentlich wollte ich nur die kleine Feuerteufelin besuchen, bevor ich nach Hause fahre. Eigentlich.
Zuerst begegnete mir Nadine.
„Und Nadine, wie ist es denn jetzt in unserer AG? Vermisst ihr uns?“
„Ja! Jetzt ist so…naja…. .“ Sie wirkt unglücklich wegen der AG.
Genau wie die kleine Feuerteufelin. Aber warum?
Dann läuft mir Maik über den Weg. Wir sind vielleicht manchmal etwas aneinander geraten, aber wir haben uns trotzdem ganz gut verstanden. Auch er scheint alles andere als glücklich über die neue Chemie-AG zu sein. Und er sagt, er vermisst Angel und mich. Das hätte ich nie erwartet. Kann es denn jetzt so schlimm in der AG sein?
Wir unterhalten uns, als Herr Schussel aus dem Schulgebäude kommt. Zum Rauchen, was sonst.
Ich: „Hallo Herr Schussel! Ich komme heute zur AG, ok?“, sage ich aus Spaß. Er grüßt mich und geht weiter.
Die kleine Feuerteufelin läuft mir auf ihrem Weg zu Sport über den Weg. Lieder hat sie eigentlich keine Zeit, die Pause ist sehr kurz. Und zur AG kommt sie heute auch nicht.
Herr Schussel kommt wieder um die Ecke.
„Was machen Sie jetzt?“
Ich bin verwirrt. „Wie, was mache ich jetzt? Ich fahre nach Hause.“
„Ich dachte, Sie wollten zur AG kommen?“
„Das war ein Witz, Herr Schussel.“
„Nein. Sie müssen heute kommen. Sonst bin ich deprimiert.“
Er steht niedergeschlagen neben mir, nicht fröhlich-aufgedreht wie er sich sonst immer gibt.
Mein Mitgefühl überkommt mich. Ich kann Herrn Schussel doch nicht einfach so stehen lassen!
Um nicht 2 Stunden warten zu müssen, gehe ich mit Herrn Schussel zu seinem Unterricht in der neuen 11. Direkt anfangen kann er aber nicht, die Klasse ist viel zu sehr von meiner Anwesenheit abgelenkt. Ich habe mich kaum hingesetzt, schon werde ich von allen Seiten mit Fragen gelöchert.
Wer ich bin, was ich hier mache,…
„Herr Schussel stellen Sie sie mal vor!“, wird er von einem Schüler aufgefordert.
„Nein, sie kann sich selbst vorstellen. Nicht, dass ich dann wieder was Falsches sage.“
Das macht mich neugierig.
„Doch, stellen Sie mich mal vor, das würde mich jetzt sehr interessieren was Sie zu sagen haben!“
Er ordnet lachend seine Unterlagen und schüttelt deutlich den Kopf. Ich warte ab, doch er reagiert nicht. Na gut, ich stelle mich der Klasse vor und komme mir total albern dabei vor. Ich sage, dass ich Lehramt studieren werde.
„Welche Fächer?“
„Ratet mal!“
„Chemie!“ – „Richtig! Und als Zweitfach?“
„Mathe!“
„Deutsch?“
„Nein.“ Kommt überhaupt nicht in Frage.
„Englisch?“
„Genau. So Herr Schussel, jetzt können Sie ja mit dem Unterricht anfangen…“
Er hält die gleiche Stunde wie bei mir vor drei Jahren. (Soweit ich mich daran erinnern kann.) Auch die Kopie ist die Gleiche. Die erste Stunde war fast schon ein bisschen langweilig. Obwohl ein Schüler ernsthaft gefragt hat, ob sie die R- und S-Sätze auswendig lernen müssen. …. *grins*
Die zweite Stunde war interessanter: Die Schüler mussten Kupfersulfat in Wasser lösen und anschließend die Lösung solange erhitzen, bis das Wasser verdampft ist.
Ja, ok, das ist jetzt nicht besonders spannend, aber die meisten Schüler standen zum ersten Mal im Labor und haben auch zum ersten Mal experimentiert.
Die Schüler ziehen ihre Kittel und Schutzbrillen an und gehen ins Schülerlabor. Ich stelle mich neben Herr Schussel und wir unterhalten uns nebenbei.
„Herr Schussel, wie viel Wasser müssen wir in das Reagenzglas machen?“, fragt ein Schüler.
„Naja, je mehr Wasser du nimmst, desto länger dauert es bis es verdampft ist“, gebe ich ihm zu bedenken.
Herr Schussel versucht witzig zu sein: „Sie brauchen ganz viel Wasser!“
Der Schüler dreht das Wasser auf und macht das Reagenzglas etwa halb voll. Herr Schussel grinst. Ich schüttel mit den Kopf.
„Susi-q, schauen Sie mal mit, ob die Schüler das richtig machen.“
Herr Schussel geht zu einer Gruppe hin und ich gehe zu der anderen Gruppe.
Auf mich wartet auch schon ein Haufen hilfloser Schüler:
Ein Schüler findet die Schutzbrillen nicht, der Nächste ist Brillenträger und trägt eine Schutzbrille für nicht-Brillenträger, die ihm deswegen auch nicht passt und ein anderer Schüler trägt eine Schutzbrille auf dem Kopf, aber nicht auf der Nase.
Zwei Mädchen stehen vor einem Gasbrenner und trauen sich nicht ihn anzumachen. Vor drei Jahren hatte ich auch Hemmungen. Ich animiere die Mädels und sie schaffen es.
Jetzt stehen sie aber vor dem nächsten Problem: Wie erhitze ich jetzt das Wasser richtig über dem Brenner???
Eins der Mädchen hat das später richtig professionell gemacht. Ich war echt beeindruckt und habe sie das auch wissen lassen.
Herr Schussel machte dann schon wieder Witze: „Wer das Wasser aus dem Reagenzglas verschüttet, bekommt eine 5.“
10 Sekunden später hat ein Schüler das Wasser zu schnell erhitzt und es spritzt aus dem Reagenzglas. Erschrocken geht er einen Schritt zurück. Bei den anderen Schülern ist es das Gleiche. Herr Schussel hat natürlich keine schlechten Noten gegeben.
Die Erkenntnis aus dieser Stunde: Lösungen mit dem Brenner zu erhitzen ist umständlich und eine Sauerei, deswegen benutzen wir ab jetzt ein Wasserbad.
„Hat jemand meinen Schlüssel gesehen??“, schreit Herr Schussel durch das Zimmer. Hektisch rennt er von einem Zimmer ins Nächste. Nothing changed. Er wird es nie lernen.
Ich nehme seinen Schlüssel vom Schrank und klingel mit ihm.
Und warte,bis Herr Schussel angelaufen kommt. Guter Junge. =)
Dann geht’s an aufräumen. Die Reagenzgläser müssen erst abkühlen, sonst platzen sie.
Ein Mädchen schaut mich mit großen Augen an: „Wie lange muss ich denn jetzt warten?“
Ich: „Bis du das Reagenzglas anfassen kannst.“
Ich sehe sofort, sie traut sich nicht. Aber schlau ist sie: „Tom, fass mal an!“, sagt sie und hält ihm das Reagenzglas entgegen. An ihrer Stelle hätte ich es wohl genauso gemacht. =)
15 Minuten später betritt Herr Schussel mit einer Tüte Gummibärchen das Chemiezimmer, indem die neue AG-Gruppe schon wartet.
Ich bin gespannt auf die neue Gruppe. Und ich will wissen, wo das Problem ist. Alle Schüler, die vom letzten Jahr dabei sind, sind unglücklich mit der neuen Gruppe, aber warum hat mir keiner gesagt. Und Herr Schussel ist ja auch unzufrieden. Dieses Jahr sind 14 Schüler dabei. So viele hätte ich nicht erwartet. Dafür ist es auch entsprechend unruhiger und chaotischer. Die Gruppe plant die nächste Veranstaltung. Zu einem Ergebnis sind sie aber noch nicht gekommen und das ist Herr Schussels Problem, die Planung geht ihm zu langsam.
Markus, der Klassensprecher der neuen 11, hat das jetzt in die Hand genommen. Alle Schüler und Herr Schussel sitzen auf den Stühlen. Alle, bis auf Markus, er sitzt auf einem Tisch und steht bzw. sitzt über den Anderen.
Ich halte mich aus allem raus und beobachte die Gruppe... und vor allem Markus. Er stellt seine Idee vor. Einige Schüler bringen Kritik an. Markus lässt aber keine Kritik zu.
Seine Idee basiert auf der griechischen Mythologie. Herr Schussel kennt sich nicht besonders gut damit aus und fragt nach.
Markus: „Sie kennen sich kein bisschen mit der griech. Mythologie aus??“
Sein Unterton hört sich an, als wäre Herr Schussel dumm.
Ich war drei Jahre dabei und ich habe eine Vorstellung davon, was geht und was nicht.
Und so wie er sich das vorstellt, funktioniert das nie im Leben.
Ich sage etwas zu Nadine. Markus spricht mich an und sagt, ich solle meinen Mund halten.
Stattdessen gebe ich ihm Kontra. Er schaut mich böse an.
Richard, der auch neu ist, warnt mich: „Vorsicht! Er kann richtig agressiv werden!“
Ich bin verwirrt, aber lasse mich bestimmt nicht einschüchtern.
Aber ich finde es schade, wie sich das verändert hat.
Letztes Jahr waren wir ein eingespieltes Team, jeder hatte seinen Platz in der Gruppe und Herr Schussel war der Chef. Wir haben uns immer auf das Treffen gefreut, es war unser Highlight der Woche.
Und jetzt sind es 13 nicht besonders glückliche Schüler und Markus spielt den Chef.
Nachdem Markus seine Idee fertig präsentiert hat, beginnen alle zu reden. Herr Schussel fragt mich neugierig: „Und? Kommen Sie zu dieser Veranstaltung?“
Ich bin nicht sonderlich überzeugt von der Idee.
„Ich weiß gerade gar nicht, ob ich überhaupt noch kommen will…“
Ob ich es überhaupt zeitlich schaffen würde, bezweifel ich.
Plötzlich herrscht komplette Stille. Alle haben gehört, was ich gesagt habe und schauen mich an. Markus sieht mich an, als würde er mich am liebsten auf der Stelle erschießen.
Die Anderen scheinen mir das nicht übel zu nehmen, aber mir es doch etwas peinlich.
Herr Schussel erklärt, was die Schüler als Nächstes machen sollen.
Mich betrifft das nicht, also sitze ich auf einem Stuhl und esse Gummibärchen. Wie in den guten, alten Zeiten. =)
Herr Schussel: „Neon, Anne und Richard, Sie experimentieren nach Anleitung von Susi-q!“
Ich drehe mich zu Herrn Schussel um und schaue ihn mit großen Augen an. Davon war aber nie die Rede. Herr Schussel sieht mich hoffnungsvoll an: „Sie bekommen auch ein Snickers.“
Für wie verfressen hält er mich eigentlich? Und sehe ich etwa so aus, als würde ich alles für einen Schokoriegel machen?
Aber wenn ich schon mal da bin…
Es dauert bestimmt 20 Minuten bis wir alles gefunden haben, was wir für den einfachen Ammoniakspringbrunnen brauchen. Ich erkläre alles und lasse Neon das Exeriment machen. Anne und Richard trauen sich nicht richtig. Neon macht das super und wird von den anderen Schülern neugierig beobachtet. Alle sind begeistert. Schüler sind bei Experimenten irgendwie leicht zu beeindrucken. =)
Danach habe ich es Richard auch einmal machen lassen. Wieder klappt es toll. Ihm fehlt noch ein bisschen die Routine, aber er kriegt das hin. Von Richard bin ich begeistert. Er ist richtig lieb und es macht Spaß mit ihm zu arbeiten.
Herr Schussel: „Susi-q, sind Sie nächste Woche auch noch in der Stadt?“
„Ja.“
„Also könnten Sie nächsten Mittwoch noch mal vorbeikommen?“
„Ähm…ich habe da…so einen…Termin.“
Schlecht lügen kann ich auch gut.
Einige Zeit später ist alles aufgeräumt und alle Schüler gegangen. Ich gehe mit Herrn Schussel zum Lehrerzimmer, er hat mir ja auch noch ein Snickers versprochen. =)
Ich: „Herr Schussel, ich hätte da noch ein Bitte….Ich habe Ihnen doch eine E-Mail geschrieben… so vor zweieinhalb….Monaten…“
Herr Schussel: „Ja, ich kümmere mich darum.“
„Ach, die ist angekommen? Also schicken Sie mir die Bilder?“
Herr Schussel: „Kommen Sie nächste Woche zur AG?“
„Schicken Sie mir die Bilder?“
„Wenn Sie nächste Woche zur AG kommen…“
„Herr Schussel, Sie erpressen mich??“ Schon wieder?
„Ja, natürlich, Sie kennen mich doch!“
Aber von vorn:
Am Mittwoch war ich in der 1. Stunde wieder in der 5. Klasse.
Sie hatten ihre erste Stunde bilingual Sport.
Die Lehrerin fing mit einfach Aufforderungen und Spielen an. Zum Beispiel: Throw the ball! Run to the blue line! Make a circle! Etc.
Den Kindern hat es super viel Spaß gemacht. Ich bin auch richtig begeistert.
Wenn ich nicht so unsportlich wäre, würde ich das auch gerne mit den Kindern machen.
Nach Ende der Stunde ging ich wieder ins Lehrerzimmer… und direkt zur nächsten Stunde mit Frau E. in die 10. Klasse. Mit der 10. hat sich meine ehemalige Chemielehrerin 2 Tage zuvor ja sehr schwer getan.
Mit der Englischlehrerin war es komplett anderer Unterricht. Die Schüler waren konzentriert und haben ruhig gearbeitet.
Nach der Stunde musste ich natürlich fragen, wie sie das macht.
„Frau E., sind die bei Ihnen immer so….lieb?“
„Ja. Bei der Klasse ist das Problem, dass es ihnen schwerfällt, sich lange zu konzentrieren. Deswegen mache ich viele kleine Übungen und Dinge, bei denen sie sich mal unterhalten können. Und dann können sie auch wieder ruhig arbeiten.“
Das habe ich auch beobachtet. Abwechslungsreicher Unterricht – so einfach und so effizient.
„…Also meinst du, ich kann noch eine Weile Lehrerin bleiben?“
Ich: „Auf jeden Fall!“
„Hach, schön!“
Nach der 6. Stunde fuhr ich zu meiner alten Schule, eigentlich wollte ich nur die kleine Feuerteufelin besuchen, bevor ich nach Hause fahre. Eigentlich.
Zuerst begegnete mir Nadine.
„Und Nadine, wie ist es denn jetzt in unserer AG? Vermisst ihr uns?“
„Ja! Jetzt ist so…naja…. .“ Sie wirkt unglücklich wegen der AG.
Genau wie die kleine Feuerteufelin. Aber warum?
Dann läuft mir Maik über den Weg. Wir sind vielleicht manchmal etwas aneinander geraten, aber wir haben uns trotzdem ganz gut verstanden. Auch er scheint alles andere als glücklich über die neue Chemie-AG zu sein. Und er sagt, er vermisst Angel und mich. Das hätte ich nie erwartet. Kann es denn jetzt so schlimm in der AG sein?
Wir unterhalten uns, als Herr Schussel aus dem Schulgebäude kommt. Zum Rauchen, was sonst.
Ich: „Hallo Herr Schussel! Ich komme heute zur AG, ok?“, sage ich aus Spaß. Er grüßt mich und geht weiter.
Die kleine Feuerteufelin läuft mir auf ihrem Weg zu Sport über den Weg. Lieder hat sie eigentlich keine Zeit, die Pause ist sehr kurz. Und zur AG kommt sie heute auch nicht.
Herr Schussel kommt wieder um die Ecke.
„Was machen Sie jetzt?“
Ich bin verwirrt. „Wie, was mache ich jetzt? Ich fahre nach Hause.“
„Ich dachte, Sie wollten zur AG kommen?“
„Das war ein Witz, Herr Schussel.“
„Nein. Sie müssen heute kommen. Sonst bin ich deprimiert.“
Er steht niedergeschlagen neben mir, nicht fröhlich-aufgedreht wie er sich sonst immer gibt.
Mein Mitgefühl überkommt mich. Ich kann Herrn Schussel doch nicht einfach so stehen lassen!
Um nicht 2 Stunden warten zu müssen, gehe ich mit Herrn Schussel zu seinem Unterricht in der neuen 11. Direkt anfangen kann er aber nicht, die Klasse ist viel zu sehr von meiner Anwesenheit abgelenkt. Ich habe mich kaum hingesetzt, schon werde ich von allen Seiten mit Fragen gelöchert.
Wer ich bin, was ich hier mache,…
„Herr Schussel stellen Sie sie mal vor!“, wird er von einem Schüler aufgefordert.
„Nein, sie kann sich selbst vorstellen. Nicht, dass ich dann wieder was Falsches sage.“
Das macht mich neugierig.
„Doch, stellen Sie mich mal vor, das würde mich jetzt sehr interessieren was Sie zu sagen haben!“
Er ordnet lachend seine Unterlagen und schüttelt deutlich den Kopf. Ich warte ab, doch er reagiert nicht. Na gut, ich stelle mich der Klasse vor und komme mir total albern dabei vor. Ich sage, dass ich Lehramt studieren werde.
„Welche Fächer?“
„Ratet mal!“
„Chemie!“ – „Richtig! Und als Zweitfach?“
„Mathe!“
„Deutsch?“
„Nein.“ Kommt überhaupt nicht in Frage.
„Englisch?“
„Genau. So Herr Schussel, jetzt können Sie ja mit dem Unterricht anfangen…“
Er hält die gleiche Stunde wie bei mir vor drei Jahren. (Soweit ich mich daran erinnern kann.) Auch die Kopie ist die Gleiche. Die erste Stunde war fast schon ein bisschen langweilig. Obwohl ein Schüler ernsthaft gefragt hat, ob sie die R- und S-Sätze auswendig lernen müssen. …. *grins*
Die zweite Stunde war interessanter: Die Schüler mussten Kupfersulfat in Wasser lösen und anschließend die Lösung solange erhitzen, bis das Wasser verdampft ist.
Ja, ok, das ist jetzt nicht besonders spannend, aber die meisten Schüler standen zum ersten Mal im Labor und haben auch zum ersten Mal experimentiert.
Die Schüler ziehen ihre Kittel und Schutzbrillen an und gehen ins Schülerlabor. Ich stelle mich neben Herr Schussel und wir unterhalten uns nebenbei.
„Herr Schussel, wie viel Wasser müssen wir in das Reagenzglas machen?“, fragt ein Schüler.
„Naja, je mehr Wasser du nimmst, desto länger dauert es bis es verdampft ist“, gebe ich ihm zu bedenken.
Herr Schussel versucht witzig zu sein: „Sie brauchen ganz viel Wasser!“
Der Schüler dreht das Wasser auf und macht das Reagenzglas etwa halb voll. Herr Schussel grinst. Ich schüttel mit den Kopf.
„Susi-q, schauen Sie mal mit, ob die Schüler das richtig machen.“
Herr Schussel geht zu einer Gruppe hin und ich gehe zu der anderen Gruppe.
Auf mich wartet auch schon ein Haufen hilfloser Schüler:
Ein Schüler findet die Schutzbrillen nicht, der Nächste ist Brillenträger und trägt eine Schutzbrille für nicht-Brillenträger, die ihm deswegen auch nicht passt und ein anderer Schüler trägt eine Schutzbrille auf dem Kopf, aber nicht auf der Nase.
Zwei Mädchen stehen vor einem Gasbrenner und trauen sich nicht ihn anzumachen. Vor drei Jahren hatte ich auch Hemmungen. Ich animiere die Mädels und sie schaffen es.
Jetzt stehen sie aber vor dem nächsten Problem: Wie erhitze ich jetzt das Wasser richtig über dem Brenner???
Eins der Mädchen hat das später richtig professionell gemacht. Ich war echt beeindruckt und habe sie das auch wissen lassen.
Herr Schussel machte dann schon wieder Witze: „Wer das Wasser aus dem Reagenzglas verschüttet, bekommt eine 5.“
10 Sekunden später hat ein Schüler das Wasser zu schnell erhitzt und es spritzt aus dem Reagenzglas. Erschrocken geht er einen Schritt zurück. Bei den anderen Schülern ist es das Gleiche. Herr Schussel hat natürlich keine schlechten Noten gegeben.
Die Erkenntnis aus dieser Stunde: Lösungen mit dem Brenner zu erhitzen ist umständlich und eine Sauerei, deswegen benutzen wir ab jetzt ein Wasserbad.
„Hat jemand meinen Schlüssel gesehen??“, schreit Herr Schussel durch das Zimmer. Hektisch rennt er von einem Zimmer ins Nächste. Nothing changed. Er wird es nie lernen.
Ich nehme seinen Schlüssel vom Schrank und klingel mit ihm.
Und warte,bis Herr Schussel angelaufen kommt. Guter Junge. =)
Dann geht’s an aufräumen. Die Reagenzgläser müssen erst abkühlen, sonst platzen sie.
Ein Mädchen schaut mich mit großen Augen an: „Wie lange muss ich denn jetzt warten?“
Ich: „Bis du das Reagenzglas anfassen kannst.“
Ich sehe sofort, sie traut sich nicht. Aber schlau ist sie: „Tom, fass mal an!“, sagt sie und hält ihm das Reagenzglas entgegen. An ihrer Stelle hätte ich es wohl genauso gemacht. =)
15 Minuten später betritt Herr Schussel mit einer Tüte Gummibärchen das Chemiezimmer, indem die neue AG-Gruppe schon wartet.
Ich bin gespannt auf die neue Gruppe. Und ich will wissen, wo das Problem ist. Alle Schüler, die vom letzten Jahr dabei sind, sind unglücklich mit der neuen Gruppe, aber warum hat mir keiner gesagt. Und Herr Schussel ist ja auch unzufrieden. Dieses Jahr sind 14 Schüler dabei. So viele hätte ich nicht erwartet. Dafür ist es auch entsprechend unruhiger und chaotischer. Die Gruppe plant die nächste Veranstaltung. Zu einem Ergebnis sind sie aber noch nicht gekommen und das ist Herr Schussels Problem, die Planung geht ihm zu langsam.
Markus, der Klassensprecher der neuen 11, hat das jetzt in die Hand genommen. Alle Schüler und Herr Schussel sitzen auf den Stühlen. Alle, bis auf Markus, er sitzt auf einem Tisch und steht bzw. sitzt über den Anderen.
Ich halte mich aus allem raus und beobachte die Gruppe... und vor allem Markus. Er stellt seine Idee vor. Einige Schüler bringen Kritik an. Markus lässt aber keine Kritik zu.
Seine Idee basiert auf der griechischen Mythologie. Herr Schussel kennt sich nicht besonders gut damit aus und fragt nach.
Markus: „Sie kennen sich kein bisschen mit der griech. Mythologie aus??“
Sein Unterton hört sich an, als wäre Herr Schussel dumm.
Ich war drei Jahre dabei und ich habe eine Vorstellung davon, was geht und was nicht.
Und so wie er sich das vorstellt, funktioniert das nie im Leben.
Ich sage etwas zu Nadine. Markus spricht mich an und sagt, ich solle meinen Mund halten.
Stattdessen gebe ich ihm Kontra. Er schaut mich böse an.
Richard, der auch neu ist, warnt mich: „Vorsicht! Er kann richtig agressiv werden!“
Ich bin verwirrt, aber lasse mich bestimmt nicht einschüchtern.
Aber ich finde es schade, wie sich das verändert hat.
Letztes Jahr waren wir ein eingespieltes Team, jeder hatte seinen Platz in der Gruppe und Herr Schussel war der Chef. Wir haben uns immer auf das Treffen gefreut, es war unser Highlight der Woche.
Und jetzt sind es 13 nicht besonders glückliche Schüler und Markus spielt den Chef.
Nachdem Markus seine Idee fertig präsentiert hat, beginnen alle zu reden. Herr Schussel fragt mich neugierig: „Und? Kommen Sie zu dieser Veranstaltung?“
Ich bin nicht sonderlich überzeugt von der Idee.
„Ich weiß gerade gar nicht, ob ich überhaupt noch kommen will…“
Ob ich es überhaupt zeitlich schaffen würde, bezweifel ich.
Plötzlich herrscht komplette Stille. Alle haben gehört, was ich gesagt habe und schauen mich an. Markus sieht mich an, als würde er mich am liebsten auf der Stelle erschießen.
Die Anderen scheinen mir das nicht übel zu nehmen, aber mir es doch etwas peinlich.
Herr Schussel erklärt, was die Schüler als Nächstes machen sollen.
Mich betrifft das nicht, also sitze ich auf einem Stuhl und esse Gummibärchen. Wie in den guten, alten Zeiten. =)
Herr Schussel: „Neon, Anne und Richard, Sie experimentieren nach Anleitung von Susi-q!“
Ich drehe mich zu Herrn Schussel um und schaue ihn mit großen Augen an. Davon war aber nie die Rede. Herr Schussel sieht mich hoffnungsvoll an: „Sie bekommen auch ein Snickers.“
Für wie verfressen hält er mich eigentlich? Und sehe ich etwa so aus, als würde ich alles für einen Schokoriegel machen?
Aber wenn ich schon mal da bin…
Es dauert bestimmt 20 Minuten bis wir alles gefunden haben, was wir für den einfachen Ammoniakspringbrunnen brauchen. Ich erkläre alles und lasse Neon das Exeriment machen. Anne und Richard trauen sich nicht richtig. Neon macht das super und wird von den anderen Schülern neugierig beobachtet. Alle sind begeistert. Schüler sind bei Experimenten irgendwie leicht zu beeindrucken. =)
Danach habe ich es Richard auch einmal machen lassen. Wieder klappt es toll. Ihm fehlt noch ein bisschen die Routine, aber er kriegt das hin. Von Richard bin ich begeistert. Er ist richtig lieb und es macht Spaß mit ihm zu arbeiten.
Herr Schussel: „Susi-q, sind Sie nächste Woche auch noch in der Stadt?“
„Ja.“
„Also könnten Sie nächsten Mittwoch noch mal vorbeikommen?“
„Ähm…ich habe da…so einen…Termin.“
Schlecht lügen kann ich auch gut.
Einige Zeit später ist alles aufgeräumt und alle Schüler gegangen. Ich gehe mit Herrn Schussel zum Lehrerzimmer, er hat mir ja auch noch ein Snickers versprochen. =)
Ich: „Herr Schussel, ich hätte da noch ein Bitte….Ich habe Ihnen doch eine E-Mail geschrieben… so vor zweieinhalb….Monaten…“
Herr Schussel: „Ja, ich kümmere mich darum.“
„Ach, die ist angekommen? Also schicken Sie mir die Bilder?“
Herr Schussel: „Kommen Sie nächste Woche zur AG?“
„Schicken Sie mir die Bilder?“
„Wenn Sie nächste Woche zur AG kommen…“
„Herr Schussel, Sie erpressen mich??“ Schon wieder?
„Ja, natürlich, Sie kennen mich doch!“
Susi-q - 25. Okt, 18:41