Donnerstag, 28. Juli 2011

Abiball Teil 1

Weitere 3 Tage später war endlich Abiball.
Die Nacht war furchtbar für mich. Ich bin gegen Mitternacht für eine Stunde eingeschlafen und saß dann bis um 4 Uhr an der Slideshow. Ich will jetzt für eine lange Zeit nichts mehr von Slideshows wissen. Es ist mein persönliches Unwort des Jahres. Meine Gedanken reißen mich nach 5 Stunden aus dem Tiefschlaf…du stehst heute Abend ganz allein auf der Bühne…und alle sehen dich an… mir gehen die Worte von Herrn Schussel durch den Kopf. Jetzt, wo ich keine Albträume mehr von ihm habe, raubt er mir trotzdem noch den Schlaf.
Nervös renne ich den ganzen Tag hin und her und bereite die Feier vor… hoffentlich vergesse ich nichts Wichtiges…

Abends bin ich ziemlich spät dran und treffe meine Mitschüler im Treppenhaus. Herr Schussel steht auf einer Treppe und gibt uns Anweisungen. Ich glaube, ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen. Mich scheint auch noch niemand vermisst zu haben, außer Angel vielleicht. Sie sieht umwerfend aus. Einige Zeit später geht’s dann endlich los.
Das Anfangs-Klavierstück wird gespielt und wir laufen in den Saal ein. Ich schaffe es tatsächlich ohne zu stolpern und hinzufallen bis nach vorn zu laufen und mich vor meinen Platz zu stellen. Am Ende des Stückes setzen wir uns und Frau Seifert begrüßt uns.

Danach folgt ein ziemlich langes offizielles Programm: das Stück Memories wird gesungen, unser Schulleiter hält seine Festrede [Er kann tolle Reden halten, aber diese war leider nicht so besonders. Er hatte allerdings auch nie bei uns Unterricht und konnte nichts persönliches sagen.], ein Kanon wird gesungen, unsere Tutoren Frau Schmidt und Herr Schussel halten ihre Rede [ Sie war toll. Am besten war der Teil, in dem die beiden erklärten, wie sie unser ABIdemie-Motto interpretieren; Herr Schussel verstand es eher negativ und begann ausführlich mit seiner Epidemieerläuterung, als Frau Schmidt ihn vom Mikro wegschubste und ihre positive Sicht darlegte, welche Bereicherung wir für die Welt sind… ], Julian singt Imagine [Wenn ich es nicht gehört hätte, würde ich es nicht glauben, dass Julian das gesungen hat. Seine Singstimme unterscheidet sich komplett von seiner Sprechstimme. Es war unglaublich. Vor allem unglaublich schön.] und eine Gedichtrezitation.
Anschließend wurden die Abiturzeugnisse durch unsere Tutoren übergeben. Zuerst wurde Isabel auf die Bühne gebeten. Sie bekam ihr Zeugnis, ihr Geschenk und ihr wurde mehrfach gratuliert zu ihrem spitzen Ergebnis. Als Nächstes waren Angel und ich dran. Noch während Herr Schussel uns auf die Bühne bat, nahm Angel nervös meine Hand und sah mich aufgelöst an.
Ich: „Meinst du, wir haben das Abi geschafft?“ Ihre Miene entspannte sich zu einem Lachen und sie stand auf. Mit höchster Konzentration aufgrund meiner Schuhe lief ich auf die Bühne. Da standen wir nun. Die Scheinwerfer waren auf uns gerichtet und alle sahen uns an. Nervös hielten wir beide Händchen.
Wir sind den Weg der letzten 3 Jahre zusammen gegangen und stehen auch jetzt noch Seite an Seite.
Genau diesen Moment fing der Fotograph mit seiner Kamera ein und das Foto ist nun auf unserer Schulhomepage zu sehen. Wir sind echt süß. ^.^

Ich war nervös und bemerkte nicht einmal, welchen schlauen Spruch Herr Schussel ins Mikro sprach. Aber ich erinnere mich noch genau an die Glückwünsche: Zuerst sprach unser Schulleiter mit mir. Er schlug mein Zeugnis auf, um meinen Namen zu erfahren und beglückwünschte mich, während er mir mein Zeugnis überreichte. Nach ihm folgte Frau Seifert. Ihre persönlichen Worte berührten mich. Sie war so glücklich, dass ich so einen guten Durchschnitt habe und ihn auch halten konnte und dann habe ich mich auch noch verbessert und sie ist so froh darüber. Mir ist zuvor nie aufgefallen, dass sie bei meinen Noten so mitfiebert. Und wieder habe ich das Gefühl, dass jemand anderes sich mehr über meine Leistung freut, als ich. Verrückt.
Nach ihr folgte Frau Schmidt und übergab mir einen Strauß Blumen. Sie ist dermaßen begeistert, dass ich Lehrerin werden möchte, ermutigte mich und wünschte mir dafür viel Erfolg. Wie sich die Lehrer alle freuen…süß. ^.^
Zuletzt stand Herr Schussel vor mir und überreichte mir mein Geschenk. Ich hätte Herrn Schussel gerne die Hand gegeben, doch ich hatte keine mehr frei. Das fiel ihm auch auf. Ich hielt ihm den kleinen Finger hin. Er schüttelte mir mit seiner ganzen Hand meinen kleinen Finger und sagte mir etwas. Dieser Augenblick hat mich irgendwie überfordert und ich war nicht aufnahmefähig für seine Worte. Aber ich bin davon überzeugt, dass es etwas Nettes war.
Wir verließen die Bühne und setzten uns wieder auf unsere Plätze. Die Anderen wurden in 5er-Gruppen aufgerufen. Ich entspannte mich wieder und bewunderte die anderen Mädels in ihren wunderschönen Kleidern.
Doch damit war das offizielle Programm noch nicht zu Ende. Maria tanzte „Die weiße Massai“ im Tutu. Der Anfang des Stückes war schon toll: Maria stand mit ihrer bezaubernden Rückseite zum Publikum und bückte sich nach vorn. =D
Ich bin eigentlich kein Fan von Ballett, aber DAS war super. Wie sie mit einer Leichtigkeit über die Bühne tanzt, ist beeindruckend.
Anschließend folgte wieder ein Klavierstück.
Dann folgte die Rede der Abiturienten. Ich glaube, diese Rede geht in die Geschichte ein. Als schlechteste Rede ever. Wie konnten die beiden die letzten drei Jahre und die Lehrer nur so schlecht hinstellen? Ich fasse es nicht. Angel auch nicht. Wir sehen uns vielsagend an und schütteln den Kopf über diese Rede. Das beste an der Rede war, dass sie irgendwann vorbei war. Die Gesichter meiner Mitschüler sehen auch alles andere als zustimmend aus. Scheinbar denken alle anders. Bis auf der Schreiber.
Nach der peinlichen Rede spielt unsere Schulband „Moments like this“, es wird ein Toast ausgesprochen und wir stoßen alle an und zuletzt richtet unser Schulleiter noch einige Schlussworte an uns.
Angel, Ich und die anderen Abiturienten verlassen ihre Plätze und setzen sich zu ihren Familien. Aber nur kurz, immerhin ist jetzt das Buffet eröffnet. Der Anblick ist traumhaft.
Mit großen Augen bediene ich mich. Mit 2 Tellern setze ich mich wieder auf meinem Platz direkt neben Angel.
Alle Essen gemütlich und ruhig mit ihren Familien, nur ich kann fast nichts essen und fange vor Nervosität fast an zu hyperventilieren. Gleich muss ich auf die Bühne.
Wir haben keine genaue Zeit für den Beginn des inoffiziellen Teils festgelegt und beraten uns. Es ist jetzt viertel vor neun und die meisten sind noch sehr beschäftigt mit ihrem Essen. Wir einigen uns darauf, um neun Uhr einfach zu beginnen. Bis dahin baue ich noch meinen Laptop auf und hoffe, dass die Technik nicht versagen wird und laufe noch ein bisschen nervös hin und her.
Als ich noch mal kurz bei meinen Eltern bin, bekommen die sich vor Lachen nicht mehr ein. Sie haben gerade meine Französischlehrerin Frau Weber getroffen. Frau Weber geht dieses Jahr in Rente, fühlt sich aber immer noch wie 20.
Sie trägt Highheels und ein sehr kurzes, sehr enges schwarzes Kleid. Ich bin den Anblick gewohnt, im Unterricht hat sie auch immer 12 cm Absätze und hautenge Kleidung getragen. Meine Eltern dagegen können es nicht fassen. Und dann hat sie zu meinen Mitschülerinnen am Buffet gesagt, sie sollen auf ihre Figur achten. Das sagt die Richtige. Jedenfalls amüsieren sich meine Eltern darüber und meinen, ich hätte in meinen Erzählungen über sie maßlos untertrieben. Manche Menschen muss man einfach erlebt haben.
3 Minuten vor um neun. Oh Gott. Linda, Paul und Ich gehen auf die Bühne. Paul und Linda stellen sich an den Rand zu den Rosen und ich gehe ans Rednerpult. Ich räuspere mich und bemerke, dass das Mikro schon an ist und mein Räuspern durch den ganzen Saal hallt. Das war so klar. Es ist noch ziemlich unruhig. Die Scheinwerfer gehen an und blenden mich ein wenig. Soll ich jetzt etwas sagen wie „Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten“?
Ich trau mich nicht. Muss ich aber auch nicht.
Michaela rettet mich. Sie beginnt zu applaudieren und immer mehr stimmen mit ein, bis es plötzlich ganz ruhig ist. Glück gehabt.
Ich versuche regelmäßig zu atmen und laut und deutlich zu sprechen. Es gelingt mir auch. Bis auf das Atmen. Damit tue ich mich im Moment etwas schwer.
Ich sage, dass wir uns bei unseren Lehrern bedanken wollen und bitte zuerst unsere Schulleitung nach vorn. Unser Schulleiter und Herr Mann kommen vor, nur Frau Seifert (Mathe) ist nicht da. Wir bedanken uns und übergeben ihnen ihre Blümchen.
Paul ist der Nächste. Er bedankt sich bei unseren Sprachlehrern für die vergangenen 3 Jahre. Frau Dr. (Deutsch), Frau Herz (Englisch), Frau Weber (Französisch), Frau Webers Vorgängerin [eine herzensgute Frau und Lehrerin, die aber leider in Rente musste] und Frau Lange (Latein) kommen auf die Bühne. Paul bedankt sich noch mal einzeln bei jeder Lehrerin in der jeweiligen Sprache. Währenddessen übergeben Linda und ich die Blümchen.
Ich bedanke mich bei Frau Lange, auch wenn ich bei ihr keinen Unterricht hatte, bei Frau Herz und bei Frau Webers Vorgängerin. Sie war so unbeschreiblich toll und ich finde es schön, noch einmal die Möglichkeit zu haben ihr persönlich zu danken und ihr zu sagen, wie sehr wir sie vermisst haben.
Als Nächstes bittet Linda die übrigen Lehrer (Herr Engels [Geschichte], die Chemielehrerin, den Informatiklehrer, die Sportlehrerin, die Kunstlehrerin und die Wirtschaftslehrerin) nach vorn und bedankt sich bei ihnen, während Paul die Blumen übergibt.
Ich stelle mich wieder ans Rednerpult und sehe zum Lehrertisch. Der Schulleiter zeigt auf Frau Seifert, die endlich wieder da ist.
Ich nicke ihm zu.
Ich bitte Frau Seifert (Mathelehrerin) nach vorn. Jetzt muss sie allein auf die Bühne. Sie bekommt Beifall und Linda übergibt ihr ihre Blümchen.
„Wir bedanken uns bei Frau Seifert?..“, beginne ich und bemerke, dass Frau Seifert schon wieder die Bühne verlassen will…
Sie kommt wieder zurück und stellt sich brav neben mich.
„Wir bedanken uns bei Frau Seifert, für ihre nahezu konstant bleibende gute Laune, auch wenn unsere Motivation im Unterricht manchmal ein absolutes Minimum erreichte.“
Frau Seifert fängt herzlich an zu lachen und verlässt unter Applaus die Bühne. Ich versuche wieder zu atmen und den nächsten Teil gut zu sprechen.
Es ist wieder ruhig im Saal…

„And last but not least bzw. Das Beste kommt zum Schluss:
unsere Tutoren: Frau Schmidt und Herr Schussel!”
Unter Applaus kommen beide nach vorn. Als es ruhig wird, beginne ich mit dem Gedicht, welches Angel geschrieben hat. Es ist genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Nein, eigentlich ist es noch viel besser. Ich liebe es. Deswegen hoffe ich, dass sie nichts dagegen hat, wenn ich es hier veröffentliche.

„Was soll man zu ihnen sagen
ohne sich zu beklagen.


Das Publikum lacht.

Aber nein, sie haben auch gute Seiten!
Das wollen wir auf keinen Fall bestreiten.“


Ich denke an meinen Deal mit Herrn Schussel und muss mir das Lachen verkneifen…

„Herr Schussel mit seinem tollen Haar…“

Weiter komme ich nicht. Der Saal lacht. Ich schaue kurz rüber zu ihm und Herr Schussel sieht mich gerade leicht tadelnd an. Gut, dass er viel Spaß versteht, er mach selbst auch oft Witze über seine Halbglatze. Ich hätte nie gedacht, dass ich zum Abiball eine Rede halten würde und mich dabei über Herrn Schussels Frisur lustig machen würde….aber ganz ehrlich, ich finde es toll! ^^

„…ist ein wahres Genie, das ist wohl klar!
So viel hat er uns beigebracht,
mit uns diskutiert und mit uns gelacht.
Ach, wie werden wir Chemie vermissen,
mit all seinen tückischen Hindernissen.

Frau Schmidt, sie brauchen sich nicht zu grämen,
über Sie gibt es auch einiges zu erwähnen!
Deutsch und Ethik sind ihre Mission,
unsre Aufmerksamkeit und Interesse Ihr Lohn.
Sie zeigte und viele interessante Sachen,
aber dabei kann man auch Fehler machen!“


Ich stocke. Ich hoffe, sie nimmt mir das nicht übel.

„Frau Schmidt, seien Sie nicht niedergeschlagen,
aber dauernd Folien abschreiben, kann keiner ertragen!“


Der Saal (wohl hauptsächlich die Schüler) lachen, pfeifen und applaudieren.
Ich schaue zu Frau Schmidt. Sie nickt mir ganz schuldbewusst zu und flüstert ein „Ich weiß!“. Ich muss grinsen. Sooo schlimm war es jetzt auch nicht. Nur ein kleines bisschen.
Ich warte, bis es wieder ruhig ist. Ein bisschen gefällt mir das Reden.

„So sind die beiden, sie haben auch Fehler,
aber das macht unseren Dank nicht schmäler.
Was auch passiert, die beiden sind die Besten,
wir müssen es wissen, denn wir hatten drei Jahre, um das zu testen!“


Es folgt noch mehr Applaus. Ich bin froh, dass alles so gut geklappt hat, Linda übergibt den beiden noch Blümchen und Mari übergibt ihnen noch ein Geschenk. Es ist ein Foto von uns, in dessen Glas unserer Unterschriften eingraviert sind.
Ich hoffe, die beiden vergessen uns nicht.

Alle außer Linda verlassen die Bühne. Sie fühlt sich alleingelassen und flüstert ein verzweifeltes „Verlasst mich nicht!“ unabsichtlich ins Mikro.
Sie kündigt die abschließende Slideshow an und flüchtet von der Bühne.
Ich starte sie und gehe zu meinem Platz. Einerseits kann ich es nicht mehr sehen, andererseits sehe ich sie mir dann doch an. Ich habe viele witzige Bilder eingebaut und zum Glück wird es nicht allzu langweilig.
Nach einer halben Stunde war die Slideshow vorbei und ich lief nach vorn, um das Video zu stoppen bevor es wieder von vorne beginnt. Ich lief so schnell, das ich auf dem glatten Parkett ausrutschte. Ich ruderte alles andere als elegant mit meinen Armen durch die Luft, fand mein Gleichgewicht wieder und machte mich vor meinem Laptop ganz klein, während ich viele Menschen hinter mir lachen hörte. Wenn jemand so tollpatschig wäre wie ich, würde ich auch lachen. Das Programm war zu Ende und ich begann endlich mich zu entspannen. Der DJ fing kurze Zeit später an spielen. Einige Familien verließen schon den Saal und gingen nach Hause. Auch Angel musste schon los. Das war so schade!
Schüchtern fragte sie mich: „Meinst du ich soll mich noch von den Lehrern verabschieden?“
Ich: „Klar, unbedingt!“
Angel: „Aber ich trau mich nicht!“
Ich: „Ach komm, ich geh mit!“
Angel ging schüchtern zum Lehrertisch und verabschiedete sich von allen. Ich stand dékorativ daneben. Wir verabschiedeten uns noch voneinander und trennten uns dann. Angel tanzte ein letztes Mal mit ihrem Papa und ging anschließend mit ihrer Familie nach Hause.

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