Dienstag, 15. Februar 2011

Studentin für einen Tag

Lieber Teacher, hier kommt wie Versprochen der Beitrag zu meinen ersten Uni Erfahrungen.

Wir haben an unsere Schule extra einen freien Tag, damit alle Schüler die Möglichkeit haben, sich eine Uni näher anzusehen. Naiv wie ich bin, dachte ich, dass sich die Unis nach diesen Tag richten und sich auch dann vorstellen.
Die meisten Unis haben jedoch ihren Tag der offenen Tür in dem Zeitraum meiner mündlichen Prüfungen. Super.

Na gut. Es gab aber doch einige Unis, die sich an diesem Tag vorstellten. Ich und Angel entschieden uns für eine Uni, die einen sehr sehr guten Ruf hat. Für diesen Tag gab es eine Liste mit allen Vorlesungen, die man besuchen konnte. Vieles klang wahnsinnig interessant und wir konnten uns gar nicht entscheiden, wo wir hingehen wollten. Am Liebsten würden wir eine Woche lang Vorlesungen besuchen. Uns interessiert so vieles….aber irgendwann entschieden wir uns doch für 3 Vorlesungen und 2 Informationsveranstaltungen.

Am nächsten Tag kamen wir nach nur 2 Stunden Fahrt auch schon in der Stadt und in der Straße unserer ersten Vorlesung an. Da wir leider etwas spät dran waren, hat die Vorlesung ohne uns angefangen. Und ging auch ohne uns zu Ende. Wir haben den Hörsaal nicht gefunden, geschweige denn das Gebäude. Es gab auch nirgendwo Hinweisschilder oder Studenten oder sonstwer der uns weiter helfen konnte.
Völlig irritiert und ziemlich enttäuscht beschlossen wir, zum Hörsaalgebäude der Uni zu laufen und uns dort erstmal zu informieren. Nach einer halben Stunde Fußweg betraten wir die Uni. Sie sieht sehr neu aus. In dem Eingangsbereich gab es viele Stände und Informationstafeln. Ich sah mir die Tafeln genauer an und die meisten waren nicht wirklich sehr informativ. Ich ging mit Angel an den Stand, dieser Uni, an dem sehr viele Flyer auslagen. Ein Schüler sprach gerade mit dem Mann von dem Stand.
Er war ziemlich genervt und gab nur einsilbige Antworten auf die Fragen des Schülers. Ich hatte daraufhin keine Lust mich mit ihm zu unterhalten. Er schien nicht offen für Diskussionen oder gar einfache Fragen. Ich sah mir die Flyer an und nahm mir einige mit.
Wir sahen uns noch ein bisschen in der Uni um, aber richtig begeistert waren wir nicht. Wir bekamen kein gutes Gefühl hier und unsere Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Wir gingen los zu unserer nächsten Vorlesung. Weitere 30 Minuten später haben wir den Eingang zum Gebäude gefunden – an der Seite des Gebäudes direkt hinter einem Gerüst. Doch einen Hörsaal 5 gab es dort nicht. Immerhin fand ich eine Informationstafel zum Chemiestudium. Sie war leer. Am Tag der offenen Tür. Also wieder 30 Minuten zurück zur Uni gelaufen. Wir waren genervt. Wir laufen sinnlos 2 h durch die Stadt und haben immernoch keine Vorlesung besucht.

Bei der ersten Informationsveranstaltung sind wir dann aber überpünktlich erschienen. Es gab einen unglaublichen Andrang zu dieser Veranstaltung zum Lehramtsstudium. Der neue Hörsaal bietet Sitzplätze für 200 Menschen, die aber eher unbequem sind. Mittlerweile kamen noch mehr Leute dazu, einige stehen ganz hinten, andere sitzen in den Gängen auf den Treppen. Mit 250 Menschen 1,5 Stunden in einem Raum ohne Fenster. O.O
Ich beobachte die Anderen: viele sitzen da, haben einen Notizblock vor sich liegen und einen Stift in der Hand. Vorbildlich. =) Ich bin skeptisch, lasse mein Schreibzeug in der Tasche und warte ab, was sie zu erzählen hat. Überraschenderweise macht die Frau keinen kompetenten Eindruck auf mich. Ihr Vortrag war nicht gerade mitreisend, sie gab nur einen sehr groben Überblick über das Studium und dessen Inhalte und sie nutzte nur die Hälfte der Zeit.
Im Nachhinein habe ich den Eindruck, dass sich nur wenige für dieses Studium überhaupt interessieren. Die meisten Besucher der Veranstaltung (mind. 50%) waren Begleitpersonen, und die, die sich dafür scheinbar interessieren waren wohl einfach mal so da. Aber es gab auch ein paar, die das wirklich als ihre Berufung ansehen. …

Anschließend besuchten wir einen weiteren Vortrag zum Psychologiestudium. Eine junge, attraktive Frau (schätzungsweise Anfang 30) betritt den ebenfalls überfüllten Raum (ein sehr alter Hörsaal, aber diesmal sogar mit Fenstern). Pünktlich beginnt sie ihren Vortrag und erklärt zuerst mal worum es gehen soll. Durch ihre Powerpoint war alles gut nachvollziehbar. Für mich als Zuhörer war das ein 1A Vortrag. Ich bin immernoch begeistert. Sie war sehr offen und ehrlich und redete nichts schön. Sie erzählte genau was einen zukünftigen Psychologiestudenten erwartet und was von ihm erwartet wird (wie z.B. sehr gute Mathematische und Biologische Kenntnisse). Sie erzählte von den Inhalten des Studiums und den Möglichkeiten nach dem Abschluss. Auch wie Zeitintensiv und finanziell aufwendig dieser Weg ist. Sie nutzte ihre Zeit und gab einen umfangreichen Überblick über das Studium und ließ am Ende noch Zeit für Fragen.

Auf der Fahrt nach Hause resümieren ich und Angel über den Tag.
Ich: „Hat uns das jetzt wirklich weiter gebracht?“
Angel: „Nö, da hätten wir genauso gut zu Hause bleiben können und in Ruhe unsere Hausaufgaben machen können.“
Ich: „Aber ich hätte nicht gedacht, dass das so eine „schlechte“ Uni ist…sie hat ja so einen guten Ruf…“
Angel: „Aber unorganisiert sind sie trotzdem. Letztes Jahr haben sie den Tag der offenen Tür sogar vergessen. Und plötzlich standen hunderte Schüler in der Uni und wollten sich informieren…und keiner war vorbereitet…“
Die Universitäten forden viel von ihren Studenten. Sie haben hohe NC’s und wollen ein gutes Abi sehen (also ein umfangreiches Wissen) und während des Studiums fordern sie gute Leistungen. Beides können sie von mir und Angel haben, aber im Gegenzug haben wir auch Forderungen. Wir sind nicht anspruchslos. Wir wollen gute Möglichkeiten haben (wie Bibliotheken und entsprechend gute Fachliteratur) und kompetente Professoren.

Am nächsten Tag…
Ich treffe Isabel, die später Psychologie studieren möchte.
„Und Isabel, wie war es bei dir gestern?“, frage ich sie.
„Ich war an der Uni in der Stadt xy und habe dort eine Professorin und 2 Psychologiestudenten getroffen….es war grauenvoll!
Ich habe meine 15 Fragen bei denen abgearbeitet und hab jedesmal so Antworten bekommen wie: „Ja.“, „1,4.“, „Gut.“, „Mh.“…nur solche einsilbigen Antworten….die haben nichtmal einen Satz von sich aus gesagt…und dann habe ich die Studenten gefragt: „Und? Macht es denn Spaß? Lohnt es sich denn Psychologie zu studieren??“ Die standen da und kuckten mich so an.“
Sie imitierte einen völlig emotionslosen Ausdruck und nickt anschließend einmal desinteressiert. Ich:„Super! Da hat man gleich Lust zu studieren. Aber bei uns war das gestern ähnlich.“ „Naja. Aber wo ich schonmal in der Stadt war, bin ich danach erstmal shoppen gegangen…“
Wieso bin ich nicht auch auf die Idee gekommen?
„Ich war gestern mit Angel bei einer Informationsveranstaltung für Psychologie und es wurde gesagt, dass du nach dem Studium noch eine Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten machen kannst. Die dauert auch nur 3 Jahre bei Vollzeitausbildung und kostet dich nur 20.000€.“
Isabel ist fast das Gesicht eingeschlafen, als ich ihr das erzählt habe. Das wurde ihr gegenüber natürlich nichtmal erwähnt.
Sie erzählte mir aber noch, dass sie Leute getroffen hat, denen sie in die Augen sah und das Gefühl hatte, direkt bis zum Hinterkopf sehen zu können…einerseits fragt sie sich bei den NC Werten wer das schaffen soll und andererseits kann echt jeder „Idiot“ studieren…

Unsere Lehrer fragten natürlich auch wie der Tag für uns war.
Frau Herz (Englischlehrerin): „Waren Sie erfolgreich?“
Ich: „Ja!! Ich weiß jetzt ganz genau, wo ich niemals hingehen werde!!“

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